
18 Vorschulkinder stehen mit geschlossenen Augen im Kreis. Es ist überraschend still, die Hände sind nach vorne ausgestreckt. Die Aufgabe ist klar formuliert: erstens fühlen, zweitens riechen, drittens schmecken. Und ganz wichtig: nichts verraten!
Erst wenn Sally auf drei zählt, dürfen alle laut rufen, was sie mit ihren Sinnen herausgefunden haben. Wer’s schon weiß, gibt Sally das Zeichen. Bald stehen alle Kinder mit geschlossenen Augen und einem Finger auf der Nase in der Runde. Auf drei rufen alle: „Pfefferminze!“ Die Kinder strahlen. Sally Krämer, die einzige Erwachsene im Kreis, startet sofort das zweite Rätsel.

Jetzt geht es um Feinheiten
Sie greift in eine Schüssel und legt wieder etwas Grünzeug in jede kleine Hand. Diesmal ist das Ergebnis unklar: „Kohlrabiblatt?“, „Salat!“ Sally löst auf: „Asiasalat war das. So sieht der aus.“ Konzentriert geht es weiter. Die Kinder fühlen, riechen, kauen. Dann: „Sally, darf ich ausspucken?“ – „Einen Moment noch!“ Die letzten Finger legen sich auf die kleinen Nasen. „Was habt ihr bekommen? Eins, zwei und drei!“ „Schnittlauch!“ „Frühlingszwiebel!“ „Sally, darf ich ausspucken?“ „Ja, wer mag, darf jetzt ausspucken. Aber drüben auf die Wiese, hier laufen Leute.“ Noch schnell ein Schluck aus den Trinkflaschen. Dann geht es in den Folientunnel.
Wir sind zu Gast auf dem Lern-Acker des Bauernhofs ÖX in Berkatal-Frankershausen im Werra-Meißner-Kreis.
1987 haben ehemalige Witzenhäuser Studierende eine leer stehende Kneipe mit Landwirtschaft im Ort übernommen und zu einem Bioland- Betrieb mit Direktvermarktung und Kulturstätte ausgebaut. Sally Krämer, auch Landwirtin, kam später hinzu und hat im Mai 2022 den „Lernort Bauernhof ÖX“ gegründet und zu einem außerschulischen Bildungsort entwickelt. Schon die Kleinsten, ab ca. 2,5 Jahren, dürfen mit ihr die Pflanzen- und Tierwelt entdecken, also säen, pflanzen, ernten oder Hühner, Gänse, Schafe, Schweine kennenlernen. Sogar einen Hühnerführerschein können Familien machen.

Das Motto lautet „erleben – erlernen – begreifen“
Heute sind Vorschulkinder mit dem Bus aus einem Nachbarort gekommen. Für sie ist es bereits der fünfte Besuch bei Sally und auf sie warten noch drei weitere Tage. Manche Kinder beichten, dass die Pflanzen, die sie beim letzten Mal mitgenommen haben, „leider kaputt gegangen“ sind. Im Gewächshaus ist es heiß, die Kinder schwitzen zwischen den Tomaten-, Zucchini-, Paprika- und sogar Physalis-Pflanzen. Nicht immer identifizieren sie die Pflanzen korrekt, auch Birnen und Äpfel vermuten die Kinder im Gewächstunnel.
Doch die Kartoffelreihen draußen erkennen die Kinder sofort. Sie haben die Kartoffeln selbst gesetzt und staunen jetzt. Manche sind höher, andere niedriger, manche haben dunkelgrünes, andere rötliches Kraut. „Das liegt an den verschiedenen Sorten, ihr erinnert euch, manche Saatkartoffeln hatten eine rote Schale.“
Der nächste Auftrag ist, die Pflanzen nach Kartoffelkäfern abzusuchen. Falls Eier unter Blättern sind, sollen die Kinder das betroffene Blatt vorsichtig von der Pflanze knipsen und in einen Eimer legen. Natürlich gibt’s die Übeltäter erst zu sehen, Sally hat einen Käfer in einem Schraubglas und beschreibt die orange-roten Eier der Käfer. „Achtung, hier kommt die Eierpolizei!“, „An meiner Kartoffelpflanze ist nix dran!“, „Sally, ich habe eine Spinne gefunden!“, „Meine Pflanze ist die größte!“, Sally hier – Sally da ...

Die Arbeit auf dem Feld macht hungrig
Die Kinder finden nur wenige Käfer und hoffen auf eine reiche Ernte bei der eigenen Pflanze. Sally erklärt, dass sie die Kartoffeln gemeinsam verarbeiten werden, wenn es so weit ist. Das ist das Stichwort. „Ich hab Hunger!“ Tatsächlich wird noch geerntet. Trupps von zwei bis drei Kindern bekommen jeweils eine Aufgabe. Salat und Karotten sind schnell gebracht und gewaschen, der Kohlrabi aber ist tückisch. Er lässt sich auch mit Verstärkung nicht finden – bis Sally nachhilft.
„Ich muss keine Hände waschen, ich hatte Handschuhe an“, ruft es aus einer Ecke. „Doch, wir bereiten Lebensmittel zu, da müssen alle saubere Hände haben.“ Im Gewächshaus richten einige den Arbeitstisch her. „Gut aufpassen jetzt: Heute üben wir den Umgang mit einem Messer. Aber das sind keine Kindermesser, damit könnt ihr euch schneiden.“ Zwei Erzieherinnen, die die Kinder begleiten, stehen etwas abseits dabei, halten sich aber zurück. Hier ist Sally die Chefin. Als alle bereit sind, geht es los. „Über euren Brettchen seht ihr ein Bild mit einem Messer und einem großen P. Das ist euer Messerparkplatz. Dort soll das Messer immer liegen, wenn ihr nicht schneidet.“ Sally zeigt die Seiten des Messers. Eine ist rund und stumpf, die gehört nach oben. Eine ist gerade und scharf, mit dieser Seite schneidet man. „Und wenn die Stücke sehr klein sind, dann wendet ihr den Tunnelgriff an. Ihr macht eine hohle Faust, der Zug, also euer Messer, fährt rein, drinnen drückt ihr aufs Gemüse, und rückwärts fährt der Zug wieder raus."
Kein Kind schneidet sich. Sally ist überall. Schließlich ist auch ein Dressing aus Joghurt, Zitronensaft, Öl, Pfeffer und Salz gerührt. „Achtung, hingucken beim Rühren!“ und „Schnell den Hahn zudrehen, nicht so viel Wasser weglaufen lassen!“ Endlich ist alles fertig, die Kinder tragen den Tisch in den Schatten hinaus, setzen sich mit ihren Tellern auf die Wiese. Die Erzieherinnen staunen, viele essen im Kindergarten nie Salat. Hier schon. Plötzlich muss es schnell gehen. Der Bus kommt bald und alle Rucksäcke und Trinkflaschen liegen noch verteilt herum. „Tschüss, Sally“, „Bis zum nächsten Mal!“ Im flotten Marsch gehen die jungen Küchenhelferinnen und -helfer zur Haltestelle an der Straße. Sally wirkt zufrieden, aber ein wenig heiser…
Alles wichtige für deinen Ausflug
Diese Eigenschaften bietet dir diese Route:
Öffnungszeiten
Das pädagogische Programm findet zusätzlich zum landwirtschaftlichen Betrieb und darum zu fixen Zeiten und in kleinen Gruppen statt. Anmeldung notwendig. Alle Termine stehen auf der Website.
Preis-Beispiele
- Familiennachmittag Bauernhof: 5 Euro pro Person
- Huhn ganz nah (zwei bis vier Jahre): 20 Euro pro Kind
- Bauernhofwoche: 190 Euro pro Kind
Anreise
Zum Beispiel ab ZOB Bad Sooden-Allendorf mit dem Bus 216 Richtung Frankenhain. Ausstieg bei Haltestelle Berkatal-Frankershausen Am Sportplatz. Beste Verbindung wochentags zur Mittagszeit: 18 Minuten Fahrtzeit. Fußweg zum Lern-Acker ab Haltestelle: etwa drei Minuten, Richtung Sportplatz und Mühlenlehrpfad.
Am Wochenende: alle zwei Stunden ab ZOB Bad Sooden-Allendorf mit dem Bus 220 Richtung Meißner-Vockerode bis Frankershausen-Mitte. Dort weiter mit AnrufSammelTaxi (bis 30 Minuten vor Abfahrt telefonisch anmelden unter 0800 9390800, Sonntag bis Donnerstag 7 bis 21 Uhr, Freitag bis Samstag 7 bis 24 Uhr).
Tipp
Wer noch mehr Wissensdurst hat, kann den mit dem neu eröffneten Mühlenlehrpfad stillen. Der interaktive Erlebnisraum auf dem Gelände des Sportplatzes Frankershausen erklärt die Geschichte des Wassers und der Mühlen, die hier einmal standen – Wasserspiele, Wimmelbuch und digitale Schnitzeljagd inklusive.
Lernort Bauernhof ÖX
Die Kurse finden je nach Thema an drei unterschiedlichen Orten in Berkatal statt.
Der Lern-Acker befindet sich neben dem Sportplatz: Haltestelle Am Sportplatz Frankershausen, Berkatal. Programme mit Tieren gibt es auf dem Schafhof: Am Schafhof 7, 37297 Berkatal. Oder auf dem Kuckuckshof (Kooperationspartner): Trift 3, 37297 Berkatal.
Adresse
37297 Berkatal